Hinweis: mit "Play" wird eine Verbindung zu Podcastbude, Media On Work GmbH, Potsdam hergestellt.
notJustCoding ist der Tech-Podcast für alle, die mehr wollen als Buzzwords. Ursprünglich von Novatec gestartet, wird der Podcast ab 2025 von CGI weitergeführt – mit neuen Perspektiven, bewährtem Tiefgang und aktuellen Technologien. Die bisherigen Folgen bleiben als Archiv zugänglich – gekennzeichnet als „ehemals Novatec“.
In dieser Podcast-Folge spricht Host Paulo mit Rüdiger Felleisen, Leiter für IoT und Digitalisierung bei Putzmeister, einem der weltweit führenden Anbieter von Betonpumpen. Im Zentrum steht die Frage, wie sich der klassische Maschinenbau durch Digitalisierung, IoT und datenbasierte Services transformiert – und welche Potenziale dabei für neue Geschäftsmodelle entstehen.
Ein zentrales Praxisbeispiel: die Connectbox von Putzmeister. Diese IoT-Lösung erfasst Maschinendaten in Echtzeit, analysiert sie zentral und schafft so echten Mehrwert – für Kunden ebenso wie für die Weiterentwicklung der Produkte. Felleisen berichtet offen über Chancen und Hürden bei der Einführung solcher Technologien und gibt Einblicke in die digitale Strategie seines Unternehmens.
Neben konkreten IoT-Lösungen sprechen Paulo und Rüdiger über Themen, wie
- die Elektrifizierung von Baumaschinen und Reaktionen aus der Branche
- die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit bei IoT-Projekten
- die Rolle von Daten, KI und digitalen Services im Maschinenbau der Zukunft
Dabei wird deutlich: Digitalisierung ist weit mehr als nur Technik – sie erfordert strukturellen Wandel, neue Denkweisen und den Mut, etablierte Prozesse zu hinterfragen.
Für wen ist diese Folge relevant?
Für alle, die tiefer in industrielle Digitalisierung, datengetriebene Innovation und neue Wertschöpfungsmodelle im Maschinenbau einsteigen wollen – insbesondere Entscheider:innen, Produktverantwortliche, IoT-Strateg:innen und Digitalisierungs-Teams im B2B-Bereich.
Über unseren Gast
Rüdiger Felleisen ist Global Business Strategist bei Putzmeister. Mit über 19 Jahren Erfahrung im Maschinenbau und E-Commerce verantwortet er internationale Projekte rund um IoT, Digitalisierung, Software und datenbasierte Geschäftsmodelle. Seine Expertise reicht von Business Innovation über KI-Monetarisierung bis zur strategischen Architektur digitaler Lösungen.
- Transkript
-
Paulo: Hi
Rüdiger: Hi.
Paulo: Schön, dass du da bist. Cool, dass es geklappt hat. Wir haben ja spannende Themen mitgebracht: IoT, Daten, KI und natürlich Digitalisierung – vor allem bei dir in der Branche. Bevor wir einsteigen: Magst du dich kurz für die Zuhörer:innen vorstellen?
Rüdiger: Gerne. Ich bin
Rüdiger: Felleisen und seit etwas mehr als fünf Jahren bei der Firma Putzmeister im Bereich IoT und Digitalisierung. Ich berichte sowohl an das Vorstandsteam als auch – neu – innerhalb der IT an den zuständigen Kollegen. Mein Arbeitsbereich ist im Grunde dreigeteilt: Erstens IoT, zweitens Digitalisierung – also eher prozesslastig und technischer – und drittens: Gemeinsam mit dem Produktmanagement entwickeln wir neue digitale Produkte, Services und Geschäftsmodelle. Das ist ein spannendes, kreatives Feld.
Paulo: Das klingt sehr kreativ. Aber du machst das noch nicht ewig, oder? Du meintest, du bist erst seit fünf Jahren in dem Bereich?
Rüdiger: Genau. Emotional fühle ich mich zwar wie 25, bin’s aber nicht mehr. Ich habe Marketing und Kommunikation studiert – aber nie in dem Bereich gearbeitet. Stattdessen bin ich bei HP im Vertrieb eingestiegen und dann langsam in den E-Commerce abgerutscht, was ich richtig gut fand. Da habe ich alles gemacht, was in dem Bereich möglich ist, und mich dann mehr auf technische Themen konzentriert. Ich war auch eine Zeit lang global im Business Development tätig. In dieser Zeit kam auch das Thema IoT dazu – das hat mich gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen.
Paulo: Und bei HP warst du auch im E-Commerce aktiv?
Rüdiger: Genau. Das fing 2003 an. Damals war das Thema nicht mehr ganz neu, aber für HP schon. Erst haben wir den deutschen Shop aufgebaut, dann professionalisiert, später dann europaweit ausgerollt – mit amerikanischen Kollegen zusammen. Ich habe jede Ecke des E-Commerce kennengelernt, inklusive Onlinemarketing, aber sonst hatte ich mit klassischem Marketing wenig am Hut.
Paulo: Jetzt bist du bei Putzmeister – was ja eine ganz andere Branche ist: Maschinenbau. Was genau macht Putzmeister?
Rüdiger: Wir sagen: „Putzmeister bewegt Beton.“ Das ist unser Claim. Und das beschreibt es auch ganz gut: Putzmeister stellt Maschinen her, die Beton fördern – vom Fahrmischer bis zur Betonpumpe oder stationären Anlage. Man findet unsere Maschinen weltweit auf Baustellen, wo sie helfen, Beton dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird.
Paulo: Was ist dein Beitrag dazu? Du hast vorhin gesagt: IoT, Digitalisierung, neue Services. Wo ist da der Berührungspunkt mit Beton?
Rüdiger: Da gibt es einige. Wir haben Maschinen, die technisch gesehen IoT-fähig sind – also ausgestattet mit Sensorik und Connectivity. Diese Maschinen erfassen Daten – z. B. über Position, Nutzungsdauer, Auslastung, Materialdurchsatz etc. Und genau daraus entsteht ein digitaler Mehrwert – für uns intern, aber auch für unsere Kunden.
Paulo: Also: Die Maschine sendet Daten – und daraus entstehen digitale Services?
Rüdiger: Richtig. Wir haben zum Beispiel die „ConnectBox“ entwickelt – ein Modul, das Daten aus der Maschine erfasst und an unser Backend sendet. Diese Daten nutzen wir u. a., um Maschinenflotten zu verwalten, Serviceintervalle besser zu planen, Fehlermeldungen frühzeitig zu erkennen oder einfach zu analysieren, wie effizient eine Maschine genutzt wird.
Rüdiger: Für unsere Kunden bedeutet das: Sie bekommen Transparenz über ihre Maschinen, können Wartung besser planen, Stillstände reduzieren – oder in Zukunft auch CO₂-Emissionen pro Kubikmeter Beton berechnen.
Paulo: Das heißt, ihr geht von einem klassischen Maschinenbauer zu einem digitalen Lösungsanbieter?
Rüdiger: Ja, das ist unser Ziel. Wir nennen das intern „digital-enabled products“. Die Maschine bleibt natürlich das zentrale Produkt – aber sie wird ergänzt durch digitale Dienste, die einen Mehrwert schaffen.
Paulo: Das klingt nach einem deutlichen Wandel. Was waren denn auf dem Weg dorthin eure größten Herausforderungen?
Rüdiger: Zunächst mal ganz banal: Wie funktioniert eigentlich unsere Maschine? Wie sind die Prozesse, wie werden die Daten erzeugt, was können wir überhaupt erfassen – und was darf man daraus schließen?
Rüdiger: Und dann stellt sich die Frage: Wie baut man eine Plattform dafür auf? Und noch wichtiger: Wie verknüpft man das mit dem, was unsere Kunden wirklich brauchen? Denn ein digitales Produkt ist nicht fertig, wenn es technisch funktioniert. Es muss auch genutzt werden – und das bedeutet: Der Kunde muss einen echten Mehrwert spüren.
Paulo: Also nicht einfach nur „Daten senden“ – sondern auch verstehen, was sie bedeuten und wie man sie einsetzt?
Rüdiger: Genau. Und das ist eine Reise. Man fängt mit einfachen Dingen an: Positionsdaten, Betriebsstunden, Serviceintervalle. Dann erkennt man Muster, identifiziert Anomalien, verknüpft Kontext. Irgendwann entsteht daraus ein digitales Produkt, das mehr kann als nur informieren – es unterstützt bei Entscheidungen.
Paulo: Wie sieht das konkret aus?
Rüdiger: Ein Beispiel: Wir können erkennen, wie eine Maschine tatsächlich genutzt wird – z. B. ob sie steht, läuft, fördert. Daraus kann man Rückschlüsse auf den Verschleiß ziehen, auf die Auslastung, auf potenzielle Wartungsthemen. Kombiniert mit der Betriebsumgebung – etwa Außentemperatur, Betonsorte, Standort – entsteht ein ziemlich genaues Bild.
Paulo: Und das bedeutet dann z. B. eine Empfehlung: „Bring die Maschine zur Wartung, bevor sie ausfällt“?
Rüdiger: Genau. Predictive Maintenance ist ein Thema, das wir aktiv verfolgen. Aber auch: „Wie kann ich eine Maschine effizienter einsetzen?“ – z. B. durch bessere Disposition, Fahrwege, Einsatzplanung. Es geht immer um zwei Dinge: Effizienz und Verfügbarkeit.
Paulo: Jetzt klingt das alles sehr strategisch, durchdacht, zielgerichtet. Aber das ist doch sicher kein Selbstläufer – wie war das intern?
Rüdiger: Stimmt. Wir mussten und müssen nach wie vor viel Überzeugungsarbeit leisten – intern wie extern. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Wenn man sagt: „Wir machen jetzt IoT“, fragt zurecht jeder: „Warum?“ Die Antwort muss sein: Weil wir daraus Nutzen ziehen – als Unternehmen und gemeinsam mit dem Kunden.
Rüdiger: Und das heißt: Stakeholder einbinden. Frühzeitig. Nicht erst, wenn alles fertig ist. Das war eine der wichtigsten Lehren für uns: Wer die Fachbereiche, die IT, den Service und das Produktmanagement von Anfang an mitnimmt, spart sich viele Rückfragen und Widerstände später.
Paulo: Das heißt, Digitalisierung ist auch ein Kulturthema?
Rüdiger: Absolut. Man braucht eine gemeinsame Vision – aber auch die Bereitschaft, Dinge auszuprobieren. Fehler zu machen. Wieder neu zu denken. Und man braucht Menschen, die diese Veränderung treiben wollen – in allen Bereichen.
Paulo: Und wie ist das auf internationaler Ebene? Ihr seid ja weltweit aktiv.
Rüdiger: Das ist nochmal ein spannendes Thema. Nicht alle Märkte sind gleich weit – was Infrastruktur, Netzabdeckung oder Datenbewusstsein betrifft. In Europa ist das Verständnis für Datenschutz z. B. sehr hoch. In anderen Regionen wird das oft entspannter gesehen – dafür sind dort andere Hürden höher.
Rüdiger: Man muss flexibel bleiben. Eine Lösung, die in Deutschland super funktioniert, ist vielleicht in Indien oder Südamerika nicht einsetzbar – aus ganz praktischen Gründen. Deshalb arbeiten wir modular – mit skalierbaren Plattformen, die sich regional anpassen lassen.
Paulo: Du hast vorhin auch von Kontextdaten gesprochen. Wie wichtig ist eigentlich Datenqualität in eurer Arbeit?
Rüdiger: Extrem wichtig. Ohne saubere, verlässliche Daten bringt das beste System nichts. Wenn ich falsche oder unvollständige Informationen verarbeite, komme ich zu falschen Schlüssen – und verliere Vertrauen bei den Nutzer:innen.
Rüdiger: Deshalb investieren wir viel Zeit in Validierung, Plausibilitätsprüfungen, in Feedbackschleifen. Wir schauen uns an, was Maschinen wirklich tun – und gleichen das mit dem ab, was wir in den Daten sehen. Das ist nicht immer deckungsgleich.
Rüdiger: Aber genau aus dieser Rückkopplung entsteht ein besseres Verständnis: für die Maschine, für die Anwendung, für den Kunden.
Paulo: Und das alles fließt dann in eure digitalen Services ein?
Rüdiger: Genau. Die Qualität der Daten bestimmt die Qualität des digitalen Produkts. Je besser ich verstehe, was da draußen passiert, desto besser kann ich Services anbieten – sei es Wartung, Flottenmanagement oder CO₂-Monitoring.
Paulo: Was würdest du sagen – wo steht ihr aktuell auf dieser Reise?
Rüdiger: Ich würde sagen: mittendrin. Wir haben viel geschafft – technologische Grundlagen, Plattform, erste Produkte. Aber der Weg ist noch lang. Digitalisierung ist kein Projekt mit Enddatum – es ist ein kontinuierlicher Prozess.
Rüdiger: Wir haben gelernt, dass man klein anfangen sollte – aber mit einem klaren Ziel. Dass man Menschen einbinden muss. Und dass es am Ende nicht um Technik geht, sondern um Nutzen. Wenn man das ernst nimmt, entstehen richtig gute Sachen.